19. SONNTAG IM JAHRESKREIS

Evangelium nach Lukas (12,32.35-40)

Zwei Ratschläge gibt Jesus uns im heutigen Evangelium. Wenn wir wirklich an ihn glauben, wenn wir uns entschieden haben, wirklich zu ihm zu gehören, dann sollen wir keine Angst haben und gleichzeitig immer wachsam sein. Das galt nicht nur damals für die Freunde von Jesus, sondern sicher auch für uns heute.

„Fürchte dich nicht, du kleine Herde! Denn euer Vater hat beschlossen, euch das Reich zu geben.“ Die Gruppe von denen, die damals zu Jesus gehörten, war sehr klein, ohne Macht und Einfluss, und angefochten. Jesus will ihnen Mut machen. Sie sollen keine Angst haben, weil Gott „beschlossen hat, ihnen sein Reich zu geben“, mitten unter ihnen und für sie da zu sein. Ihr könnt dem Leben trauen, weil Gott es mit euch lebt.

Können wir heute noch Christ sein, an Jesus Christus und an Gott glauben? Immer mehr stellt sich heraus, dass wir hier in Europa, hier in Österreich, zu einer „kleinen Herde“ werden. Jahrhunderte lang war die Kirche groß und mächtig, leider aber nicht zu ihrem Segen. Sie hatte großen Einfluss auf das öffentliche Leben, auf Politik und Kultur und Gesellschaft. Es war vorteilhaft zu ihr zu gehören. Sonst war man sogar ein Außenseiter. Das hat sich geändert, sogar um 180 Grad hat man oft das Gefühl. Wir leben in einer Welt, wo doch alles machbar, planbar, bezahlbar zu sein scheint. Wo braucht man da noch Gott? Immer mehr Menschen können anscheinend auch ohne Gott gut leben. Auch Menschen in unserer eigenen Umgebung, in der eigenen Familie, ja auch die eigenen Kinder. Spielt Gott in ihrem Leben noch eine Rolle, hat er für sie noch eine Bedeutung? Leben sie in der Praxis eigentlich nicht ohne Gott? Junge Erwachsene haben andere Sorgen: die Familie, die Arbeit, die Wohnung, das Haus. Wann und wie sollen sie sich um Gott kümmern? Keine Zeit!

„Fürchte dich nicht, du kleine Herde!“ Ein Aufruf gegen Resignation, gegen Müdigkeit und Zweifel. Verliert nicht die Hoffnung, verliert nicht die Kraft. Lasst euren Glauben nicht einschlummern! Bleibt munter! Bleibt wach! Wach sein, heißt wissen, was geschieht, und bereit sein für das, was kommt.

Das Leben gleicht oft einem Gang durch einen dunklen Tunnel, in der Hoffnung, dass er zum Licht führt. Jetzt kommt es darauf an weiterzugehen. Wir müssen den Weg fortsetzen. Gott hat beschlossen, uns sein Reich zu geben.

Sind das leere Worte? Ein leeres Versprechen, das Jesus uns da gibt? Oder ist Jesus für mich einer, zu dem ich Vertrauen habe, auf den ich mich verlasse, mit dem ich in einer Vertrauensbeziehung lebe? Denn das heißt ja eigentlich glauben: Nicht ein „Für-Wahr-Halten bestimmter Glaubenssätze“, sondern in einer Vertrauensbeziehung zu Jesus und zu Gott leben. Eine Beziehung, die uns im Inneren bewegt und erfüllt. Wachsam sein heißt: Diese Beziehung pflegen, sich um sie kümmern, sie nicht abflauen lassen, damit sie nicht verloren geht.

„Fürchte dich nicht, du kleine Herde!“ Den Glaubenden gehört die Zukunft, Gottes Reich. Die zeitlichen Sorgen werden mit dem Blick auf das Reich Gottes und der Perspektive, die durch Jesus eröffnet ist, relativiert. Ich vertraue auf Jesus und das gibt mir Lebenskraft.

Mir kommen die Worte des schweizerischen Priesters und Dichters Lothar Zenetti, wie aus dem Herzen:

Ich kann nicht denken, dass die Welt, in der wir leben, das Produkt blinder Zufälle ist.

Ich erkenne, dass es Gesetze und Strukturen gibt, Höherentwicklung und Zielstrebigkeit über die Jahrtausende hin. Einen tiefen Sinn in allem und ein Ziel, auf das alles zugeht.

Ich will glauben, dass dieses Geheimnis aller Welt, das auch mich hervorbrachte, das mich birgt, ein Angesicht hat, dass es um mich weiß und mich liebt, dass ich nicht austauschbar bin, dass ich nicht verloren sein werde. Wir glauben an Gott, den allmächtigen Vater.

 

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